Als meine zwei Mädchen klein waren, bereitete es mir eine riesige Freude, ihnen aus Kinder- oder Märchenbüchern vorzulesen.

Egal, ob es sich um altbekannte Märchen oder aktuelle Geschichten handelt. Die Auswahl ist riesig. Für jedes Vorlese-, Erstleser oder Lesealter gibt es eine bunte Auswahl. Auch in den Kindergärten, der Grundschule oder den kirchlichen Einrichtungen wird man fündig, wenn das heimische Bücherregal schier zu explodieren droht. Es gibt sogar für jede Preisgruppe passende Bücher, und nicht selten hat uns die berühmte Conni zum ersten Zahnarztbesuch, in die Ballettstunde oder in den ersten Urlaub begleitet.

Kinderbuchfiguren prägen

Natürlich achtet man als Elternteil darauf, dass die Erzählungen pädagogisch wertvoll und die Illustrationen dem Altern entsprechend sind. Doch wie sollen solche Figuren sein? Es ist bekannt, dass gerade Kinder eine ausschweifende Fantasie haben und sich in ihre Lieblingscharaktere der Bücher oder Fernsehsendungen hineinversetzten (auch wenn es um Bienen mit dem Namen Maja geht). Sie imitieren deren Sprechweise, wollen genauso mutig sein und sich auch mal über die Verbote der Eltern hinwegsetzen. Dann können unsere Kinder selbst wie Elfen fliegen, mit Tieren sprechen, Traktor fahren oder vom Dach springen, ohne dass sie einen Kratzer erhalten. Es ist Aufgabe der Eltern, den Kindern gleichzeitig mit dem Vorlesen die Grenzen aufzuzeigen. Nicht alles, was Kinderbuchfiguren in ihren Abenteuern erleben und nicht all den Unsinn, den sie anstellen, sollten unsere Lieblinge nachahmen. Vielmehr wünschen wir Eltern, dass die Charaktere als Vorbilder gelten, unseren Kindern Werte sowie Selbstvertrauen schenken sollen.

Ich selbst bin mit dem Struwelpeter groß geworden und habe trotz der Tatsache, dass dem Daumenlutscher die Finger abgeschnitten wurden, am Daumen gelutscht und an den Fingernägeln geknabbert. Doch ich kann mich daran erinnern, dass ich meine Hände sorgsam vor meinen Eltern versteckt hielt, aus Angst, dass sie vielleicht doch vor Wut die große Schere rausholen würden. So ganz schadlos sind die Geschichten nicht an mir vorübergegangen. In diesem Buch stand meines Erachtens nicht das Kinderwohl im Vordergrund, sondern der Wunsch, die Kleinen mit Androhung von extremen Maßnahmen von ungeliebten Verhaltensweisen abzubringen. Ja, wir haben es überlebt, aber ob es das ist, was wir uns für das Wohlergehen unserer Kleinen wünschen? Auch die Gebrüder Grimm waren nicht ohne, und wahrscheinlich kämpft der Wolf wegen der Geschichte übers Rotkäppchen heutzutage immer noch mit seinem schlechten Ruf.

Schwierige Themen

Besonders herausfordernd für einen Kinderbuchautoren oder  eine Autorin wird es, wenn in der Geschichte schwierige Themen auftauchen: die Mutter wird schwerkrank, es kommt ein behindertes Geschwisterchen zur Welt, der Opa stirbt. Wie bereitet man sensible Themen so auf, dass sie den kleinen Lesern in kindgerechter Weise helfen, schwierige Situation zu bestehen? In unserer Gesellschaft findet dahingehend ein wichtiger Wandel statt. War man früher darum bemüht, das Leid von den Kindern fernzuhalten und ihre Welt stattdessen in rosaroten Farben zu dekorieren, so befassen wir uns heute mehr damit, wie wir ihnen die manchmal sehr unschöne Realität des Lebens altersgerecht nahebringen können.

Deshalb bin ich sehr gespannt darauf, was unsere Expertin und Kinderbuchautorin Nikola Huppertz im Bookerfly Umsetzungskongress zum Thema Figurengestaltung und schwierige Themen in Kinderbüchern erzählen wird. Sie wurde 1976 in Mönchengladbach geboren, studierte Musik sowie Psychologie und experimentierte parallel mit dem Schreiben. 2007 gewann sie mit dem Manuskript zu ihrem Debütroman „Karla, Sengül und das Fenster zur Welt“ den Literaturwettbewerb der Bonner Buchmesse Migration. Seitdem hat sie zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, Gedichte und Kurzprosa in Literaturzeitschriften sowie Geschichten für den Rundfunk veröffentlicht und wurde mehrfach ausgezeichnet. Mehr Infos über Nikola findet ihr hier:

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Eure Ilka vom  Bookerfly Club Team

 

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